Die Methode des Losens geht schon auf das antike Griechenland, auch als Wiege der Demokratie bezeichnet, zurück. In Athen wurden etwa ab dem 5. Jahrhundert v. Chr. nicht nur Gremien per Losverfahren besetzt sondern auch der überwiegende Teil der etwa 800 Ämter. Losen ist aber nicht gleich Demokratie, ebenso wenig wie Wahlen!
Losverfahren kamen z.B. auch in den italienischen Stadtrepubliken, allen voran Venedig und Florenz, zum Einsatz. Diese waren in unterschiedlichem Ausmaß vom Adel geprägt. Das gilt aber im übrigen auch für Parlamente, ursprünglich, z.B. in England, ein aristokratisches Gegengewicht zum Monarchen.
Die Frage, wie demokratisch eine Gesellschaft ist lässt sich also nicht einfach an den Auswahlverfahren für wichtige Posten festmachen. Trotzdem hat das Auswahlverfahren einen erheblichen Einfluss darauf, wie zweckmäßig eine bestimmte Auswahl in Hinblick auf das jeweilige Ziel ist. Hubertus Buchstein [ Hubertus Buchstein ] unterscheidet 7 Verfahren der Verteilung von Ämtern und anderen Dingen:
- Losen
- Wahl
- Kooptation (Wahl durch bisherige Amtsinhaber)
- Rotation (regelmäßige Neuverteilung)
- Warten
- Zuteilung (Entscheidung durch eine Person oder ein Gremium nach Eignung, Bedarf o.ä.)
- Auktion
Diese Verfahren lassen sich auch beliebig kombinieren, wobei natürlich einige Kombinationen sinnvoller erscheinen als andere. Prinzipiell bieten sich hier aber sehr vielfältige Möglichkeiten. Je nach Anwendung lassen sich hier sicherlich Verfahren finden, die den derzeitig praktizierten in den meisten Fällen überlegen sind, es würde sich also lohnen hier offen für Veränderungen zu sein. Wenn man dann noch die Möglichkeiten bedenkt, die moderne Entscheidungsverfahren wie beispielsweise Systemisches Konsensieren bieten sollte eigentlich klar sein, dass die Demokratie noch gewaltige Entwicklungsmöglichkeiten hat.
Das Bild am Seitenanfang soll illustrieren, welche Möglichkeiten mit dem Losen verbunden sind. Dabei zeigen die Blütenblätter Auswahlverfahren, bei denen eine Kombination mit Losen denkbar ist. Die Wolken zeigen verschiedene Ämter oder andere Dinge, die unter Beteiligung von Losen vergeben werden könnten. Die Blätter zeigen Ziele, die mit gelosten Gremien erreicht werden könnten. So werden z.B. in Oregon Infomaterialien für Wahlen und Abstimmungen durch geloste Gremien erarbeitet, während die bei uns bekannteren Bügerräte überwiegend beratende Funktionen haben (ihre Ergebnisse sind nicht wirklich bindend).
Die Steine symbolisieren die Probleme, die mit dem Losen angegangen werden könnten. Klassisch ist hier die Korruption. Schon in Griechenland war dies ein wesentliches Ziel. Wenn nicht schon lange vorher klar ist, wer eine Entscheidung trifft ist es viel schwieriger, sie gezielt zu beeinflussen. Dass Losen auch die Möglichkeiten der Beteiligung für ansonsten benachteiligte Gruppen erhöht ist auch schon diskutiert worden. Weniger bekannt dürfte hingegen die Vermeidung von Selbstüberschätzung sein. Dass es hierfür geeignet sein könnte deuten jedoch die Untersuchungen von Berger et al. (2020b) über die Besetzung von Vorstandsposten an. Losen sorgt hier dafür, dass die Erfolgreichen wissen, dass ihr Erfolg auch mit Glück zu tun hat und die nicht Erfolgreichen keinen Gesichtsverlust befürchten müssen.
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